Schiffsschraubenfabrik Ostermann
Köln, Lichtstraße 25



Anette Essam
Die Schiffsschraubenfabrik Ostermann


Geschichte

Die Firma Ostermann & Flüs wurde 1890 von dem Formermeister Gustav Ostermann und dem Kaufmann Wilhelm Flüs in Köln-Riehl gegründet. Anfänglich wurden hauptsächlich Lagerschalen für das Ausbesserungswerk der Reichsbahn in Nippes gegossen.


Es gelang der Firma Ostermann & Flüs damals als erstem Unternehmen Schleuderguss in großen Abmessungen herzustellen und sie war mit der Qualität dieser Erzeugnisse schnell bei den Kunden gut angesehen. 1915 wurden die Mendener Drahtwerke erworben. Hier produzierte man nach dem 2. Weltkrieg überwiegend Küchenherde. 1922 wurde die Firma Ostermann in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. In der Folge wurde die Propellerproduktion durch Gustavs Söhne Kurt und Hans Ostermann zunächst in Köln-Bayenthal wieder aufgenommen. 1937 übernahm man die Produktionsstätte der Firma Wiedenbrück & Wilms „Grüner Weg 2-4“ in Ehrenfeld. Diese wurde nun zum Firmensitz.


Produziert wurden am Grünen Weg zunächst normaler Kundenguss und kleinere Propeller, wie man sie für die Rheinschifffahrt benötigte. Im Mai 1944 wurde die Gießerei in Ehrenfeld vollständig zerstört, und die Fa. Ostermann & Co. verlegte den Rest der Produktion nach Gartz a. d. Oder.


In Ehrenfeld erhielt die Firma, nach der Entnazifizierung, durch die britische Militärregierung beim Wiederaufbau Unterstützung und konnte somit die Produktion schnell wieder beginnen. Erste Produkte wie Waffeleisen, Lampenständer, vorwiegend Haushaltsgeräte, verließen - oft im Tauschhandel - bald die Gießerei. In den 1950er Jahren wurden die Schleppverbände auf dem Rhein aufgelöst und die Schleppkähne motorisiert. Dadurch entstand eine neue Nachfrage nach Schiffspropellern.


Das Firmengelände wurde 1952 mit dem Kauf des Grundstücks „Lichtstraße 25“ von den Erben der Familie Wahlen vergrößert. Jetzt war man in der Lage, auch größere Propeller zu fertigen. 1961/62 wurde die noch bestehende Gießereihalle an der Lichtstraße nach Plänen von Hein Nöcker errichtet. Geplant war, sie später bis zum „Grüner Weg“ zu verlängern, was aber nie realisiert wurde. Den Rohbau der Halle erstellten sechs Mann in damaliger Rekordzeit von drei Wochen. Die Konstruktion besteht aus einem Vieerendel-System (90 x 70 cm). Konsolen tragen in zwei Ebenen Kranbahnträger für 30, 10, und 5t Krane. In 17 m Höhe ist die Dachkonstruktion aus 16 Meter langen, freigespannten Dachträgern montiert. Das Konstruktionsraster der Seitenschiffe beträgt 8,5 x 6 m, die des Mittelschiffs 15 x 6 m. Hiermit wird eine Grundfläche von 32m x 80m überdeckt. Die Seitenschiffe sind zweigeschossig und haben eine Gesamthöhe von 13 Metern. Das Mittelschiff ist dagegen ein 17 m hoher Raum. Die Brutto-Geschossfläche beträgt 3.840 qm und die ganze Halle erzeugt ein Volumen von 40.000 cbm. Zwischen den Stützen befinden sich rote Ziegelausfachungen bzw. Fensteröffnungen. Die feststehende einfache Drahtverglasung in den Öffnungen wird von einer Rahmenkonstruktion aus Fertigbeton, mit quadratischer Gliederung von 1m x 1m, gehalten. Im oberen Teil des Mittelschiffs sorgt eine vertikal gegliederte Drahtverglasung für optimale Belichtung. Der Hallenboden besteht aus Beton in den die für den Fertigungsprozess notwendigen Gussbecken eingelassen sind. Mit der Errichtung der neuen Halle war das Unternehmen in der Lage, Propeller mit den größten Abmessungen herzustellen, die von da an jeden Monat die Halle verließen. 1963 goss Ostermann den Propeller für „Otto Hahn“, den ersten Atomfrachter, welcher aus 25t Bronze-Spezial-Metall mit einem Durchmesser von 6 Metern bestand.


Nach dem Konkurs der Hamburger Firma Theodor Zeise im Jahr 1979, die bis dahin Marktführer war, wurde Ostermann zum größten deutschen Propellerhersteller. Mit einem 30t Trommelofen und den beiden 30t und 45t Elektroöfen, war in Westdeutschland erstmals der Guss von Schiffspropellern aus Bronzelegierung mit einem Gießgewicht bis zu 100t möglich. Die Position der Öfen befand sich unmittelbar neben der Halle, auf dem Parkplatz des heutigen Aldi-Geländes. Das maximale Gießgewicht konnte jedoch nicht ausgeschöpft werden, da es die Kapazität der Kranbahn überstieg und es nicht möglich war, die vorhandene Stahlbetonkonstruktion zu verstärken.


In den 1980er Jahren produzierte die Firma „Leiträder“, eine Erfindung des Prof. Grim aus Hamburg, die von Ostermann verbessert patentiert wurde. Das Leitrad war hinter dem Propeller gelagert und wurde durch diesen angetrieben. Dadurch konnte entweder die Geschwindigkeit erhöht oder der Kraftstoffverbrauch um bis zu 15% gesenkt werden. Leider musste diese Entwicklung auf Grund technischer Probleme vom Markt genommen werden. Deshalb und wegen der internationalen Schiffsbaukrise musste 1992 der Betrieb in Köln geschlossen werden. Hinzu kam, dass im Zuge der deutschen Wiedervereinigung erheblich billigere Konkurrenten auf den Markt drängten. 1992, kurz vor der Stilllegung, produzierte man noch den zu dieser Zeit größten Propeller Deutschlands, mit einem Durchmesser von 10 m und einem Gewicht von 65t. Zur Zeit der Stilllegung beschäftigte Ostermann in Ehrenfeld noch ca.140 Mitarbeiter.


Nach dem Verkauf des Geländes wurden die Anlagen größtenteils abgerissen. Übrig geblieben sind ein Teil des Empfangsgebäudes, die Gießereihalle und die 1982 entstandene Schleifereihalle, wobei die Konstruktion erhalten blieb, die Fassaden aber komplett erneuert wurden. Der überwiegende Teil der technischen Einbauten ist verschwunden und von den ehemals drei Abzugsschächten existiert nur noch einer.


Für die Flächen im östlichen Bereich erfolgte eine Umwidmung von Schwerindustrie zu Einzelhandel. Dieser Strukturwandel wurde abhängig gemacht von der Stilllegung des benachbarten Werkes Vulkan. Erst nach dessen Schließung konnte die Stadt der Flächenumwidmung zustimmten.


(Gekürzte und bearbeitete Fassung einer Semesterarbeit im Lehrgebiet Denkmalpflege RWTH Aachen vom SS 2009.)